Aus Zwei mach Eins
Kundenspezifische One-Cable-Lösungen für Servo- und Motorleitungen
Angesichts des wachsenden Datenvolumens in der Automatisierungs- und Antriebstechnik geht der Trend weg von klassischen Feedback- und Resolverkabeln hin zur sogenannten One Cable Technology (OCT). Für eine störungsfreie, EMV-geschützte Übertragungsleistung muss das Kabeldesign jedoch spezielle Anforderungen erfüllen.
Die OCT-Leitungen können für gepulste Leistungen bis 16kHz ausgelegt werden, verfügen über eine doppelte EMV-Schirmung und gewährleisten durch ihren symmetrischen Aufbau eine verlustarme Übertragung auch bei langen Kabelstrecken.
In den letzten Jahren hat der Einsatz von Servoantrieben in der Industrieautomation insbesondere in Branchen wie der Metall-, Kunststoff- und Holzverarbeitung deutlich zugenommen. Diese Antriebssysteme erfordern eine zuverlässige Spannungsversorgung sowie die kontinuierliche Erfassung von Betriebsdaten wie Winkel, Geschwindigkeit und Temperatur. Bei der klassischen Verkabelung von Motoren und Servoantrieben werden neben je einer Leitung für die Energieversorgung und das Feedback auch zwei Stecker, Anschlüsse und Kupplungen benötigt. Damit verdoppeln sich der Material- und Installationsaufwand, entstehen höhere Kosten und ein größerer Platzbedarf.
Während der Bauraum durch kleine Motoren und hohe Packungsdichten in den Schaltgehäusen knapper wird, nehmen die Übertragungsraten für die automatisierte Maschinen- und Anlagensteuerung im Zuge von Industrie 4.0 drastisch zu. Eine platzsparende, wirtschaftliche Alternative stellen hybride Lösungen dar, die nicht nur Energieversorgungs- und Steueradern, sondern auch das Feedback-Signal in einer Leitung vereinen.
Um alle relevanten Maschinendaten, Stellgrößen und Prozesswerte regeln und steuern zu können, muss die Verkabelung auch über längere Distanzen eine zuverlässige Echtzeitübertragungen im Gigabit-Bereich gewährleisten. Deshalb bedürfen solche hybride Einkabellösungen einer extrem störsicheren, durch doppelte EMV-Schirmung geschützten Konstruktion.
Potenzielle Störeffekte
Zu den besonderen Herausforderungen auf diesem Gebiet gehört die Vermeidung störender Reflexionen, die insbesondere bei längeren Kabelstrecken auftreten können. Des Weiteren kann eine zu hohe Dämpfung den Signalpegel reduzieren und die sichere Signalverarbeitung beeinträchtigen. Ein dritter potenzieller Störfaktor für die Signalübertragung besteht im einem falschen Wellenwiderstand. Im schlimmsten Fall können sich das Originalsignal und die Reflexion überlagern – mit der Folge, dass sich das Signal vom Endgerät nicht mehr auswerten lässt.
Unterschiedliche Standards
Seit Einführung der Hiperface-DSL-Servomotorleitungen zur digitalen Übertragung des Feedback-Signals haben sich verschiedene Einkabellösungen mit integrierter Ethernet-Leitung etabliert. Aktuell existiert kein einheitlicher Standard für die Signalübertragung, da jeder Hersteller von Servomotoren ein eigenes Kommunikationsprotokoll nutzt. Mit kapazitätsarmen Hybrid-Motorenanschlussleitung der Serie SL 875 C führen wir Verkabelungslösungen für SICK HIPERFACE DSL und HEIDENHAIN HMC6 im Sortiment. Adaptionen an andere Standards können auf dieser Basis bedarfsgerecht angefertigt werden. Die für HIPERFACE spezifizierte Modellvariante ist serienmäßig in zehn Ausführungen mit Außendurchmessern von 9,8 mm bis 24,4 mm erhältlich. Hinzu kommen vier Spezifikationen im HEIDENHAIN-Standard mit Durchmessern von 10,8 mm bis 15,4 mm.
Enge Biegeradien
Die entwickelten OCT-Servoleitungen zur Verbindung von Frequenzumrichter und Motor sorgen für eine vereinfachten Anschlusstechnik, reduzieren das Kabelgewicht und benötigen weniger Einbauraum in der Schleppkette. Damit die Leitungen selbst bei minimalen Aderquerschnitten bis AWG 30 – entspricht einem Aderquerschnitt von 0,057 mm² – hinreichend flexibel und stabil sind, um enge Biegeradien dauerhaft zu verkraften, braucht es besonders robuste und strapazierfähige Kabelmäntel. Ein minimaler Biegeradius bis unter 40 mm ist erforderlich, damit sich die Hybrid-Motorleitungen auch für verwinkelte Bauräume und enge Kabeldurchführungen eignen und sich gut zur festen Verlegung beispielsweise innerhalb eines Schaltschranks nutzen lassen. Für hochdynamische Anwendungen in Schleppketten darf der Biegeradius hybrider Einkabellösungen sogar nur maximal das Zehnfache des Kabeldurchmessers betragen.
Niedrige Kapazitätswerte
Darüber hinaus sind bei Servoleitungen die isolationsbedingten Kapazitätswerte zu beachten, die sich aufgrund steigender Signalflanken immer stärker in Frequenzumrichtern auswirken, während die Kompensation aus Platzgründen sehr kompakt ausfallen muss. Umso größer die Kapazität des Kabels ist, Energie zu speichern, desto weniger Energie wird zum Motor geleitet und desto schädlicher wirkt sich die Reflexionswellenspannung am Motor aus. Um eine möglichst niedrige Kapazität zu erreichen, wurde die klassische PVC-Isolierung durch niederkapazitive Isolationswerkstoffe aus PE oder PP ersetzt. Zusätzliche kleine Schirmkapazitäten garantieren eine verlustarme Leitungsübertragung. Diese Lösung bewahrt Anwender davor, durch schlechte Betriebskapazitäten der Leitung an die elektrischen Grenzen des Umrichtersystems zu stoßen.
Symmetrischer Leitungsaufbau
Für einen optimalen EMV-Schutz verfügen die gefertigten Motor- und Servoleitungen über eine doppelte Schirmung aus Schirmgeflecht und einer Alu-kaschierten PE-Folie. Die Zweifach-Abschirmung gewährleistet einen störfreien Betrieb von Frequenzumrichtern. Durch eine symmetrische Verseilung mit aufgeteiltem Schutzleiter werden induktive Kopplungen reduziert. Zudem weist ein symmetrischer Aufbau mit gedritteltem Schutzleiter bei hohen Leistungen verbesserte EMV-Eigenschaften gegenüber einer vieradrigen Ausführung auf. Entscheidend für die Symmetrie sind der Ausgleich der Leiter über die gesamte Leitungslänge sowie ein kreisradialer Anschluss am Stecker. Während Motorleitungen immer beidseitig zu erden sind, muss bei Datenleitungen im Einzelfall geprüft werden, welche Erdungsweise geringere Kopplungen verursacht.